Das iPad in der klinischen Anwendung

Mehr und mehr Kliniken und Ärzte setzen das iPad ein. Unterschiedliche Anwendungsfälle fordern unterschiedliche Betrachtung der technischen, regulatorischen und sicherheitsspezifischen Belange.

Seit der Einführung des iPad im Frühjahr 2010 wurden bis Ende 2010 10 Millionen Geräte verkauft. An vielen Kliniken wurden bereits Tablet-PCs getestet oder es werden konventionelle Laptops und Monitore auf Rollwagen durch die Klinik geschoben. Apples iPhone hat sich als schneller mobiler Internetzugang und Datenspeicher bei vielen Ärzten bereits etabliert. Getrieben von immer höherem Kostendruck sind Kliniken immer auf der Suche nach Kostensenkungspotenzialen. Die Zunahme von Telemedizin wird sich durch Geräte wie das iPad beschleunigen.

Hardware

Das iPad (iPhone) verfügt über ein 9,7" (3,5") Touchscreen mit 1024x768 (960x640) Bildpunkten, 256 (512) MB RAM und maximal 64 (32) GB Flash-Disk. Über Wi-Fi, Bluetooth und UMTS kann es vernetzt werden. Ortungsfunktionen, Beschleunigungs- und Lagesensoren, ein Umgebungslichtsensor und Audio Ein- und Ausgang stehen ebenfalls zur Verfügung.

Software

Das Betriebssystem iOS ist ein abgespecktes MacOS mit einem BSD Unix als Unterbau. Es ist ein geschlossenes System, das durch sogenannte Jailbreaks (Entsperrung) umgangen werden kann. Software lässt sich sowohl über Apples AppStore (> 300.000 Apps verfügbar) installieren, als auch eigene Apps direkt über das iOS Developer Enterprise Program.

Mit dem iPhone Konfigurationsprogramm können iPads zentral verwaltet werden (Nutzerrechte, Installation von Apps, etc...). Das ermöglicht Klinik EDV Abteilungen viele Geräte zu administrieren und reduziert den Aufwand für Usersupport.

Für den Einsatz in der Klinik als Kommunikationsgerät stehen zahlreiche Apps für die Kommunikation und Produktivität zur Verfügung. Mehr als 1000 Apps sind bereits in der Kategorie Medizin gelistet.

Zugriff auf PC-basierte Software ist über Thin-Client Technologien (Citrix, VNC, RDP,...) problemlos möglich.

Anwendungsfälle

Das iPad wird bereits in vielen Kliniken eingesetzt. Mittlerweile gibt es desinfizierbare Hüllen, die die Hygiene im klinischen Einsatz und auch im OP ermöglichen. Der Formfaktor und technische Aspekte wie Akkulaufleistung (> 10 Stunden), Display und die einfache Bedienung begünstigen den Einsatz in folgenden Gebieten:

Ausbildung

Das iPad lässt sich mit Lehrinhalten bestücken und kann auch im mobilen Einsatz bei der Vorlesung oder in der Klinik verwendet werden. In der Kieferorthopädie in der Universität Münster werden iPads für die Ausbildung der Studenten eingesetzt.

Nachschlagewerk

Das iPad ist auch als E-Book Lesegerät verwendbar, sowohl Apple als auch Amazon bieten E-Books für das iPad an. Mehr und mehr Verlage verwenden das iPad als Plattform für ihre Publikationen. So lässt sich das iPad als Nachschlagewerk für notwendige medizinische Fachbücher verwenden. Als Beispiele gibt es Anatomieatlanten, Arzneimittelverzeichnisse und Fachbücher.

Zugriff auf elektronische Patientenakte

Mittels Thin-Client Technologien lässt sich mit dem iPad problemlos auf Windows Terminalserver, Citrix Server (Initiative: iPad at Work) oder per VNC Protokoll auf den eigenen Desktop zugreifen. Dadurch sind alle Klinikanwendungen vom Bettenbelegungsplan bis zur elektronischen Patientenakte im Zugriff. Spezialisierte Apps geben direkten Zugriff auf Elektronische Patientenakten einzelner Hersteller und nutzen somit die Gestensteuerung des iPad besser aus als Thin-Client Zugriffe.

Diagnostik (EKG, Monitoring, Bildbefundung)

Für die Diagnostik stehen bereits etliche Apps zur Verfügung. Auf der Elektronikmesse CES 2011 in Las Vegas stellte die Firma AliveCor eine Hülle vor, die aus dem iPhone ein EKG macht. Verschiedene Apps existieren für die Befundung von medizinischen Bildern (Mobile MIM, xr.ay, OsiriX Mobile, Aquarius Mobile,...). Airstrip Technologies bietet ein App für das Patientenmonitoring an.

Bild- und Befundverteilung

Über den mitgelieferten Webbrowser Safari, können im W-LAN webbasierte Bildverteilungssysteme aufgerufen werden. Damit stehen die Bilder mobil zur Verfügung.

Diktiergerät und Spracherkennung

Als Diktiergerät ist das iPad ebenfalls einsetzbar. Zahlreiche Apps ermöglichen das Aufzeichnen, Verwalten und Versenden von Audiodateien. Ein spezialisiertes App hier ist iMedical Transcription for iPad. Einige Apps wie z.B. Dragon Dictation bieten auch Spracherkennungsdienste über einen Server an.

Patientenaufklärung

Für die Patientenaufklärung lässt sich das iPad mit den mitgelieferten Präsentationsmöglichkeiten (Bilder, Video, Webzugriff oder Powerpoint- bzw. Keynote-Präsentationen) einsetzen. Erste spezialisierte Apps wie Universal Doctor Speaker for iPad ermöglichen eine verbesserte Arzt-Patienten-Kommunikation.

Pager, Telefon

Über Messagingdienste (Skype, Twitter,...) kann jedes iPad mit einer Push Notification (ähnlich SMS) erreicht werden. VOIP Technologie ermöglicht das Telefonieren mit dem iPad.

Sicherheit

Ein wichtiger Aspekt bei einem extrem mobilen Gerät, wie dem iPad ist die Sicherheit. Der Zugang zu medizinischen, personenbezogenen Daten erfordert ein hohes Mass an Sicherheit. Der Verlust von iPads innerhalb oder ausserhalb der Klinik stellt ein Risiko dar. Apple bietet einen Passwortschutz und eine Such- und Löschfunktion für verlorene Geräte an.

Regulatorische Aspekte

Sobald ein System für die Diagnostik oder Therapie verwendet wird unterliegt es dem Medizinproduktegesetz und der Medizinproduktebetreiberverordnung. Dies kann sowohl für die verwendete Software und unter gewissen Umständen auch für das iPad selbst gelten.


Vorteile des iPads
  • geschlossenes System
  • leicht bedienbar
  • kaum Virengefahr
  • viele medizinische und produktive Apps verfügbar
  • desinfizierbare Hüllen verfügbar

 

 

Nachteile des iPads
  • Sicherheit eines mobilen Geräts

Fazit

Das iPad wird in der Zukunft in den Kliniken seine Rolle als Frontend für Ärzte und Patienten finden. Zahlreiche Apps aus dem Bereich Medizin dokumentieren Anwendungsfälle im klinischen Alltag.

Nicht zu unterschätzen sind die regulatorischen Aspekte, die im klinischen Einsatz durch den Hersteller und Betreiber betrachtet werden müssen. Seit der Novellierung des Medizinproduktegesetzes, das 2010 in Kraft trat, liegt die Verantwortung stärker beim Betreiber.